Behindertentoiletten: Mehr als nur ein Ort für schnelle Pausen

Ich bin gerade auf einer zweitägigen Fortbildung. Man hat mir netterweise ein behindertengerechtes Zimmer gegeben. Ich habe ein riesiges Badezimmer und ein Krankenhausbett. Auch der Rest des Zimmers – alles ist in Gelbtönen gehalten – erinnert an ein Krankenhauszimmer. Es gibt auch einen Mini-Fernseher oben an der Wand gegenüber des Bettes. Und alles ist funktional eingerichtet, außer den Steckdosen. Die sind unterm Tisch. So viel zur Barrierefreiheit.

In meinem riesigen Badezimmer gibt es einen höhenverstellbaren Waschtisch. Ich weiß das, weil ich bei meinem letzen Besuch hier versucht habe, mich auf dem Waschbecken abzustützen und es zu meiner großen Überraschung nachgab. Diesmal ist das Waschbecken jedoch etwas zu hoch, aber ich finde nicht heraus wie man es verstellen kann. So etwas gelingt einem in barrierefreien Badezimmern komischerweise immer nur dann, wenn man es nicht will.

Diese kleine Anekdote inspirierte mich dazu, mal einen Beitrag über Behindertentoiletten zu schreiben. Auf den ersten Blick sind die ja alle mehr oder weniger gleich: Großer Raum, Toilette mit sehr hohem Sitz und herunterklappbaren Griffen oder Armlehnen, Waschbecken, rote Notfallschnur (hat die eigentlich einen Namen?) und ganz viele Spiegel. Meist so angebracht, dass man sich auf der Toilette sitzend komplett von oben bis unten und aus mehreren Perspektiven betrachten kann. Nicht gerade die angenehmste Erfahrung beim Pinkeln. Aber irgendeinen Grund für die Spiegel wird es schon geben – oder wenigstens eine DIN-Norm.

Am nächsten Morgen noch ein Selfie im Spiegel zum Abschied

Auf den zweiten Blick gleicht allerdings keine Behindertentoilette der anderen. Immer wieder spannend ist beim Betreten zum Beispiel, wie man wohl das Wasser am Waschbecken einschaltet. In der Regel mit einem mehr schlecht als recht funktionierendem Bewegungssensor. Man fuchtelt also erstmal mit den Händen vorm Wasserhahn rum. Normale Amaturen gibt es normalerweise nicht. Wenn dann das Wasser fließt, tut es das häufig mit einer solchen Wucht, dass nicht nur die Hände, sondern auch Hemd oder Hose nass werden. Dafür bleibt es dann aber nicht lang genug an, um sich die Hände abzuspülen. Ein größeres Problem hat man allerdings, wenn auch nach mehrmaligem wilden Fuchteln kein Wasser fließt. Es gibt nämlich auch Toiletten, da schaltet man das Wasser am Waschbecken über einen Hebel unter dem Waschbecken ein. Diesen drückt man automatisch mit dem Rollstuhl zur Seite und das Wasser fließt. Dumm nur, wenn man das nicht weiß und vor dem Waschbecken steht. Dann kann es schon mal länger dauern mit dem Hände waschen.

Die Toilettenspülung funktioniert häufig auch mittels Bewegungssensor. Das hat zur Folge, dass die Toilette in unregelmäßigen Abständen spült, jedoch meist dann nicht, wenn man das möchte. Wenn es ganz schlecht läuft, spült sie mehrmals vor dem Geschäft, aber nicht danach.

Manche Toiletten verfügen jedoch auch über eine manuelle Spülung. Meist mit zwei Tasten, eine links und eine rechts, die man mit dem Ellenbogen auf der Toilette sitzend betätigen kann. Warum zwei? Nun, betätigt man nur eine Taste, spült die Toilette und alles ist gut. Betätigt man jedoch beide Tasten gleichzeitig, wird man nass. Und das mit Absicht. Es handelt sich um eine Reinigungsfunktion. Also für den Hintern, nicht die Toilette. Ein Freund von mir war mal in Japan, wo solche Systeme Standard sind. Nach einiger Überwindung hat er es mal getestet und ist seitdem begeistert davon. Ich habe trotzdem jedes Mal Angst versehentlich beide Knöpfe zu drücken.

Ein weiteres Problem auf Behindertentoiletten sind häufig Wischmop, Putzeimer und die Wäsche. Denn oft haben Behindertentoiletten noch die Zusatzfunktion der Abstell- oder Wäschekammer. Da kann man dann schon froh sein, wenn man überhaupt zur Toilette durch kommt.

Das ist eigentlich das Ärgerlichste. Denn alle anderen Dinge sind ja nützlich. Ein Bewegungssensor und die Reinigungsfunktion der Toilette sind Gold wert, wenn man die Hände nicht benutzen kann, um das Wasser auf zu drehen, die Klospülung zu betätigen oder sich den Hintern abzuwischen. Aber die Toilette mit Gerümpel voll zu stellen nützt keinem Behinderten etwas. Das ist einfach nur ignorant.

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